Wie wird Keratokonus behandelt?
Die Behandlung von Hornhautveränderungen wie Keratokonus oder Keratotorus (PMD) sind immerEinzelfallentscheidungen. Sie erfordern die Gewichtung vieler Faktoren wie Sehschärfe, Sehstärke, Hornhautdicke, Hornhauttopographie sowie die Beschaffenheit und Klarheit der Hornhaut.
Die „beste“ Therapie gibt es generell nicht. Es gibt aber eine optimale Therapie für jedes einzelne Auge.
Hier finden Sie einen Überblick über die gängigsten Verfahren in der Behandlung von Keratokonus und Keratorus-Erkrankungen.
UV Crosslinking der Hornhaut
Das Ziel aller Crosslinking-Verfahren ist es, eine stärkere Quervernetzung der oberen Hornhautlamellen.
Diese Quervernetzung erfolgt als natürliche Reaktion der Hornhaut durch einen „UV-Angriff“ auf die Hornhaut und entspricht einer akuten Hornhautentzündung.
Diese Reaktion wird durch die Freisetzung von freien Radikalen aus dem Gewebesauerstoff unter UV-Einwirkung hervorgerufen.
Die Hornhaut wird vorher mit Riboflavin (Vitamin B2) angereichert. Riboflavin wird benötigt um die UV-Energie in der Hornhaut zu absorbieren und die gewünschte Reaktion damit in der Hornhaut ablaufen zu lassen. Durch die Absorption des UV-Lichtes durch Riboflavin werden die tieferen Schichten der Hornhaut, der Linse und der Netzhaut vor einem Lichtschaden geschützt.
Bei einer Hornhautdicke von 400µm und mehr kann man von einer ausreichenden Aufnahme von Riboflavin ausgehen. Damit ist eine ausreichende Absoption von UV-Licht in der Hornhaut gesichert und die UV-Bestrahlung kann keine bleibenden Schäden am Endothel der Hornhaut oder im Augeninneren hinterlassen.
Ist die Hornhaut während der Behandlung dünner als 400µm, können die UV-Strahlen einen „Lichtschaden“ an der Hornhautinnenseite (Endothel) verursachen. Bei einer zu dünnen Hornhaut ist ein UV-Crosslinking nicht mehr möglich.
Derzeit sind folgende Arten des UV-Crosslinking in klinischer Anwendung:
- Klassisches Crosslinking mit Epithelentfernung (EPI-OFF Crosslinking)
- Transepithiales UV-Crosslinking (EPI-ON Crosslinking)
- iCXL Iontophorese Crosslinking Verfahren
Klassisches Crosslinking mit Epithelentfernung (EPI-OFF Crosslinking)
Mit diesem Verfahren hat historisch gesehen alles angefangen:
um eine Anreicherung der Hornhaut mit Riboflavin zu erreichen, entfernte man mechanisch die oberste Schicht der Hornhaut (Epithel-Abrasion). Damit wird die Hornhaut ca. 60µm dünner und das Riboflavin kann dann ungehindert in die Hornhaut eindringen.
Die Nachteile des klassischen Verfahrens waren:
- Die Oberfläche der Hornhaut muss wieder nachwachsen. Dies nimmt i.d.R. bis zu 10 Tage in Anspruch. In dieser Zeit ist die Hornhaut schmerzempfindlich und sehr lichtempfindlich.
- Solange die Oberfläche der Hornhaut nicht wieder verschlossen ist, ist die Hornhaut einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt.
- Die Heilung der oberflächlichen Epithelschicht kann narbig erfolgen. Narben auf der Hornhautoberfläche können die Sehschärfe nachhaltig reduzieren.
- Die verheilte Oberfläche kann nach EPI-OFF Crosslinking eine hauchige Trübung (sog. Haze) aufweisen, die die Sehschärfe reduzieren kann.
Lange war aber das klassische Epi-Off Crosslinking das einzige Verfahren der Wahl bei Keratokonus oder Keratotorus.
Mit der Entwicklung der neueren Epi-On-Verfahrens gab es eine Alternative zum klassischen Epi-Off-Verfahren.
In unserem Augenzentrum werden daher seit 2011 keine Epi-Off-Verfahren mehr durchgeführt.
Transepithiales UV-Crosslinking (EPI-ON Crosslinking)
Die Erfahrung der ersten Jahre in der Crosslinking-Therapie brachten die Weiterentwicklung: eine spezielle Formulierung des Riboflavin und der Einsatz von Absorptionsbeschleunigern brachten den Druchbruch: es war nunmehr möglich die oberen Schichten der Hornhaut auch ohne Entfernung der Epithelschicht mit Riboflavin anzureichern. Gleichzeitig wurde auch die Bestrahlungtechnik kontinuierlich weiter entwickelt und angepasst:
Das transepitheliale UV-Crosslinking – auch als No-Touch-Crosslinking bezeichnet – erlaubt eine Behandlung bei der die Hornhaut nicht mehr berührt wurde.
Heute zeigen die Meta-Studien, die das klassiche EPI-OFF-Verfahren mit dem EPI-ON-Verfahren verglichen haben folgende Ergebnisse:
- Die abflachende Wirkung beider Verfahren sind vergleichbar.
- Beim klassischen EPI-ON Verfahren gibt es deutlich weniger Epithelvernarbungen und Verluste von Nervenfasern als beim klassichen EPI-OFF-Verfahren.
- Beim EPI-OFF-Verfahren konnte keine Verbesserung der Apoptose-Rate (Zelltot-Rate) der Hornhautzellen erreicht werden. Beim EPI-ON-Verfahren konnten jedoch niedrigere Apoptose-Rate gefunden werden, die einer gesunden Hornhaut sehr nahe kommt.
- Das EPI-ON Verfahren ist mit weniger Schmerzen verbunden und die Heilungszeit ist deutlich kürzer als beim klassichen EPI-Off Verfahren.
Aufgrund der vielen Vorteile und unserer Erfahrung empfehlen wir das risikoärmere EPI-ON Verfahren für eine Behandlung von Keratokonus oder Keratotorus (PMD)
Der Ablauf beim Transepithelialen UV-Crosslinking (EPI-ON Crosslinking)
Jeder Behandlung geht eine eingehende Diagnostik und Abwägung der Risiken und Nutzen der Behandlung voraus.
Lesen Sie hier mehr über die diagnostischen Verfahren bei Keratokonus und Keratotorus.
Nach Ablauf der Diagnostik und OP-Planung erfolgt die Behandlung:
Schritt 1: Ansättigung mit Riboflavin
Ansättigung der Hornhaut mit Riboflavin und Absorptionsbeschleunigern: für diese Phase sollte man sich 30 Minuten Zeit nehmen, um der Hornhaut die Gelegenheit zu geben sich mit dem Vitamin B2 (Riboflavin) „vollzusaugen“.
Schritt 2: Bestrahlung mit UV-Licht
Je nach Erkrankungstyp und Hornhaut-Topographie kommen hier andere Bestrahlungsprofile zum Einsatz.
In unserem Augenzentrum haben wir uns für eine 30 Minütige Bestrahlung entschieden. Technisch ist eine kürzere Bestrahlungszeit durch Anwendung von höheren Energien möglich.
Tatsache ist jedoch, dass eine erfolgreiche Crosslinking-Reaktion nur dann erfolgen kann, wenn während der Bestrahlung auch genügend Sauerstoff im Gewebe ist.
Wir sind der Überzeugung, dass eine schnellere Bestrahlung der Hornhaut zu einem schnelleren Verbrauch des Sauerstoffs im Gewebe der Hornhaut führt. Damit bestünde ein höheres Risiko, dass nicht ausreichend Sauerstoff nachkommt, um die gewünschte Reaktion zu erreichen.
Deswegen nehmen wir uns 1 Stunde pro Behandlung Zeit um alle Risiken einer uneffektiven Behandlung auszuräumen.